News Trab, 05.03.2025
(nla) Vor genau hundert Jahren, am 5. März 1925, hat Gerhard Krüger im 4½ Jahre zuvor ins Groß-Berlin eingemeindeten Weißensee das Licht der Welt erblickt. Fotograf hatte er eigentlich werden wollen - und wurde zum Glück für die hiesige, ja sogar weltweite Trabergemeinde ein echter Glücksfall für den Sulky-Sport. Nach einem ersten Besuch auf der Mariendorfer Trabrennbahn als Knirps „war’s um mich geschehen. Die Pferde wurden mein Leben.“
Mit 15 fuhr er am 6. Juli 1940 seine erste Ehrenrunde - in Ruhleben mit der Dunkelfüchsin Berta Margrit, vorschriftsmäßig mit Hitlergruß vor den Tribünen. Die letzte war 63 Jahre später in seiner Wahlheimat Italien in Montecatini mit Vinci Bieffe fällig. Wie viele andere dazwischen lagen, wird auf ewig ungeklärt bleiben. Mit „4.088 Siege ohne Italien“ wird er in der HVT-Statistik geführt. Viel wichtiger als die Zahl war die Qualität der Erfolge. Dreimal schrieb er sich in die Ehrenliste des deutschen Traber-Derbys ein: 1949 mit Stella bella im kuriosen und weltweit vermutlich einmaligen „doppelten“ Blauen Band, das er erst in Karlshorst, ein paar Tage später in Mariendorf gewann. 1957 folgte Rudolf R, 1976 die für die eigenen grün-weiß-karierten Farben, in denen später auch sein Sohn Steve gefahren ist, laufende Floral Scot.
Seiner Heimatstadt Berlin und Deutschland hatte der Schnauzbart ein paar Monate nach dem Bau der Mauer den Rücken gekehrt und war, zu jener Zeit mehrmaliger Champion, in die Welt hinausgezogen. Frankreich, die USA, wieder Frankreich lauteten die ersten Stationen jenes Mannes, der dank seiner „goldenen Pfote“ in einer Zeit, als der Begriff des Catchdrivers noch unbekannt war und die Trainer die eigenen Pferde im Rennen selbst fuhren, sogar von den den Deutschen oft genug sehr reserviert gegenüberstehenden Franzosen für Cracks wie Jamin und Ozo verpflichtet wurde.
Ende 1964 schließlich siedelte er, dem Ruf der Brüder Santi folgend, zu deren Privatstall nach Italien über, wo er sich später selbstständig machte und vor den Toren Roms nicht nur sein Trainingsquartier aufschlug, sondern auch Rinderzucht betrieb.
International war 1958 der Elitloppet mit dem von Eddy Freundt trainierten Io d’Amour sein erster großer Triumph. Es folgten Prix de France, den er 1964 und 1965 mit Elaine Rodney, der Mutter des deutschen Vererber-Champions Abido, gewann, Prix de Paris (1963 Narvick D.J.), Gran Premio della Lotteria (1966 Cheer Honey, 1974 Top Hanover; mit beiden trug er sich im gleichen Jahr auch in die Siegerliste des Campionato Europeo zu Cesena ein), um nur die wichtigsten zu nennen. Eine Spezialität war Österreichs bedeutendstes „International“: Sechsmal legte er nach dem Graf-Kálmán-Hunyady-Rennen ein Gebinde am Denkmal des großen Pferdemannes nieder. Allein den Olymp des Trabrennsports erklomm er nie. Achtmal trat er im Prix d’Amérique an, zweimal schnappte ihm sein sportlicher deutscher Erzfeind Johannes Frömming den fest im Blick scheinenden Triumph mit den letzten Schritten vor der Nase weg: 1964 mit Riesenaußenseiter Nike Hanover - Krüger fuhr Nisos H -, im Jahr darauf mit Ozo.
Seine Berliner Wurzeln verleugnete er nie. Stets gab’s ein großes „Hallo“, wenn er in der Derby-Woche in Spree-Athen aufkreuzte und, so lange es die Gesundheit erlaubte, das eine oder andere Mal in den Sulky stieg. 2010 schließlich brach der Berliner Junge die italienischen Zelte ab und schlug sie mit seiner Frau Sybille in Brieselang ein paar Kilometer westlich Berlins wieder auf. Bis zu seinem Tod am 29. April 2017 war er ein gern gesehener Gast auf beiden Berliner Traberpisten, mit dem sich trefflich fachsimpeln ließ.
Dem „baffi“ oder „moustache“ (Schnurrbart) zum Hundertsten widmet die Bahn von Rom-Capannelle ihre heutige Veranstaltung - mit Rennnamen wie Premio Elaine Rodney, Premio Top Hanover, Premio Omsk und als Hauptereignis dem Premio Centenario Gerhard Kruger. https://www.trottoweb.it/TrottoWeb/php/hPart.php?data=2025-03-05&ippodromo=ROMA&programma=RO_250305.pdf¬e_giorno=2^%20TRIS