Rüstiger Rentner: Hey Sugar aus dem hohen Norden!
Moin, moin,
Ich heiße Hey Sugar und werde nächsten Monat 31. Das allein ist vielleicht noch kein Grund, mich hier im Kreise weiterer Oldies vorzustellen. Auch meine Rennbilanz mit 91 Start, 19 Siegen, 25.940 Euro Renngewinnen und einem Rekord von 1.14,8 ist zwar nicht schlecht, doch auf den ersten Blick auch nicht richtig ungewöhnlich. Auf meinen Lebenslauf trifft das aber wohl schon eher zu. Sagen jedenfalls immer alle.
Ich kam am 21. Mai 1989 in Friesland auf dem Hof meiner Züchterin Helga Warner zur Welt und habe ihn, außer zur Rennbahn, bis heute nicht einen Tag verlassen. Vom ersten Tag an war ich ein ziemlich verhätscheltes Familienmitglied. Soviel Zuneigung wollte ich eigentlich wie mein ein Jahr älterer Bruder Hurdy Gurdy (14 Siege, 98 Plätze) durch Rennerfolge zurückzahlen, aber das klappte nicht so richtig. Während der nämlich eisenhart war, plagten mich schon nach leichtem Training immer irgendwelche Wehwehchen. Jedes Jahr im Frühling sollte es losgehen, aber immer hatte ich nach etwas Belastung zitternde Kniebänder, angelaufene Sehnen und all das, was „Weicheier“ sonst noch auszeichnet. Ich durfte dann über Sommer schnell wieder auf die Weide und mich für die nächste Saison vorbereiten. So ging es über Jahre, eigentlich hätte ich als potenzielles Rennpferd längst aussortiert werden müssen – aber bei Familienmitgliedern macht man das eben nicht so einfach.
Volle acht Jahre wurde ich, bevor ich etwas „fester“ war. Und schon konnte ich mein Talent zeigen. Am 28. Juli 1997 qualifizierte ich mich in einem Alter, in dem andere die Laufbahn schon beendete haben, in Bahrenfeld ganz locker und gewann in Elmshorn gleich die ersten drei Rennen überlegen. Zum großen Star reichte es trotzdem nicht, weil man mit mir immer etwas vorsichtig sein musste, damit ich gesund blieb. Trotzdem lief ich bis 14-jährig und gewann links und rechts herum in Elmshorn, Bahrenfeld und Gelsenkirchen ebenso wie auf Grasbahnen. Da durfte ich z.B. in Lüdinghausen, Drensteinfurt oder Quakenbrück zur Siegerehrung vorfahren. War schon ein tolles Gefühl, wenn manchmal „mein“ Lied dazu gespielt wurde, denn mein Name stammt aus einer Textpassage von Lou Reeds berühmten „Walk on the wild side“.
Seit 17 Jahren habe ich nun schon keine Rennbahn und keinen Sulky mehr gesehen, und reiten geht jetzt auch nicht mehr. Ihr wisst schon, die Zipperlein… Aber ich habe mit einem Kumpel eine tolle Außenbox mit großer Weide, das ist schon ganz schön luxuriös, und wir werden verhätschelt wie am ersten Tag. Im Herbst ist der Marius extra aus Berlin gekommen, um mich zu portraitieren (siehe Titelbild), hat mich auch etwas stolz gemacht. Meine Leute haben mich wohl ganz schön lieb.
Manche Pferde sollen ja „lesen und schreiben“ können, ich kann sogar noch mehr. Zum 60. Geburtstag von Trainer Gröber, der mich mal in Hamburg als Catchdriver fahren durfte und gleich gewann, habe ich ihm letztes Jahr eine Grußbotschaft per Video geschickt. Könnt Ihr hier sehen. Viel Spaß dabei, und dass bald wieder Rennen sind. Ich verfolge das Geschehen von zuhause aus.