News Trab, 09.04.22
(agr) Darf man ein Pferd so wie in dieser Überschrift nennen? Nach einigen Verwirrungen im letzten Jahr hat der HVT nun beschlossen, die Durchführungsbestimmungen für die Namensgebung von Trabern §8 ZBO zu ändern.
Aber wieso und weshalb? Und was bedeutet das denn nun genau?
Sehen wir uns die Änderungen mal etwas genauer an:
Ziffer I Richtlinien neu aufgenommen
· Ausschließlich lateinische Buchstaben, wobei eine Folge von mehr als zwei Großbuchstaben nicht zulässig ist.
· Kein Verstoß gegen Rechte Dritter an dem beantragten Namen/Zeichen/Titel, insbesondere kein Verstoß gegen Marken-, Patent-, Namens-, Urheberrechte oder Persönlichkeitsrechte.
· Ist der beantragte Name/Zeichen/Titel im Markenregister https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/basis unabhängig in welcher „Nizza Klassifikation“, im Patentregister oder sonstigen Registern eingetragen, wird der beantragte Name/Zeichen/Titel nicht eingetragen, solange dem HVT nicht eine schriftliche Einwilligung des Rechteinhabers zur Nutzung des beantragten Namens/Zeichens/Titels für das Pferd vorliegt. Gebräuchliche Vornamen, Namen des Allgemeinen Schriftgebrauchs oder allgemeingültige Wortbegriffe sind grundsätzlich eintragungsfähig.
· Der Antragsteller stellt mit seinem Antrag den HVT in jedweder Form von jedwedem Risiko und jedweden Folgen der entsprechenden Eintragung des Pferdes und der daraus resultierenden Nutzung des Namens/Zeichens/Titels frei, die sich aus der Eintragung des beantragten Namens/Zeichens/Titels einschließlich der Kosten der Rechtsverteidigung ergeben.
Wieso es zu diesem Beschluss kam, später mehr.
Sollten diese Änderungen aktiv angewendet werden, dann wird das recht kuriose Auswirkungen auf die dt. Traberzucht haben. Der Beiname „Diamant“ wird nicht mehr verwendet werden dürfen. Denn der Name Diamant ist tatsächlich geschützt https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/1072050/DE .
Auch der der Beiname „Newport“ ist geschützt:
https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=000174698&CURSOR=2 .
Auch der Zusatz „BR“ ist geschützt: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=000199653
Nicht besser sieht es bei dem Zusatz „PS“ aus: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=003680923&CURSOR=17
Rosso? Ist auch schon vergeben: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/303062126/DE
Wer kam denn nun auf die Idee? Und weshalb eigentlich? Angeblich gab es ein Schreiben eines Rechtsanwaltes, der den HVT verklagen wollte, da ein Name beim HVT eingetragen wurde, der geschützt gewesen wäre.
Daraufhin hatte die Zuchtleiterin die Idee, nur noch Namen zuzulassen, die nicht geschützt sind. Diese Praxis dürfte es, bisher ohne Veröffentlichung, seit März 2021 geben.
Wir wollten so z.B. mit unserer Besitzergemeinschaft den Namen „Pippi Langstrumpf“ beim HVT eintragen lassen. Dieser wurde abgelehnt mit dem Hinweis, dass der Name geschützt wäre.
Ich war ein wenig verwundert, da es in der Vergangenheit ja schon viele Pferde mit Namen gegeben hatte, von man hätte meinen können, sie wären auch geschützt, so z.B. „Nokia“. Daraufhin teilte man mir mit, dass es diese Regelung erst seit 2021 gäbe und es „Keine Gleichbehandlung im Unrecht gäbe“.
Ich bin daraufhin die Namen der im Jahr 2021 eingetragenen Fohlen durchgegangen und war ein wenig irritiert darüber, dass ich dort z.B. den Namen „Lloyd“ fand. Dieser Name ist nämlich auch mehrfach im Markenregister eingetragen.
Die Antwort des Geschäftsführers des HVT darauf war folgende: „Die von Dir erhobene Behauptung, dass auch der Name LLYOD nach der von uns bei der Namensgenehmigung zugrunde gelegten Verordnung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) geschützt sei, ist einfach falsch, denn geschützt ist der Name des Gewerbeunternehmens DEUTSCHER LLYOD und noch einiger anderer Versicherungsunternehmen mit Namen LLYOD, die aber sämtlich Namenszusätze haben. Außerdem ist der Name LLYOD als Einzelwort in der englischen Sprachwelt ein sehr gebräuchlicher und deshalb oft vorkommender Vorname und ist allein aus diesem Grunde nicht geschützt - genauso wenig wie die Namen Andreas und Heinz für sich gesondert zu schützen wären, die Namen Andreas Gabalier und Heinz Wewering hingegen schon.“
Diese Aussage war aber zumindest inhaltlich falsch – siehe hier: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/304702/DE
Ich habe dann versucht, zu erklären, dass es keinen „Allgemeinen Namensschutz“ gibt, sondern nur für beanspruchte Nizza-Kategorien und dass man Namen durchaus schützen lassen kann, so z.B. auch den Namen „Heinz“, siehe hier: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=000178467&CURSOR=1
Die Antwort darauf war folgende: „…ich denke, dass der Trabrennsport andere Probleme hat als PIPPI LANGSTRUMPF oder PIPPI CARLOTTA. Natürlich können wir jetzt noch lange nach Einzelnamen suchen und werden dann auch noch „Heinz Ketchup“ finden. Nur: Das ist aber absolut nicht zielführend und - selbst wenn wir schon mal Namen genehmigt haben sollten, die geschützt sind - begründet das keinen Anspruch darauf, selbiges wieder zu tun, denn es gibt keine Gleichheit im Unrecht. Lohnt deswegen Streit?“
Da ich mir ja selbst nicht zu hundert Prozent sicher sein konnte, ohne eine markenrechtliche Qualifikation vorweisen zu können, habe ich bei einer befreundeten Anwältin nachgefragt: Sie sagte mir, sie wäre ihrer Rechtsauffassung nach eigentlich meiner Meinung, würde zur Sicherheit aber bei einem Patenanwalt nachfragen. Aber auch dieser sah letztlich kein Problem bei der Benennung eines Pferdes mit dem Namen „Pippi Langstrumpf“.
Er argumentierte, dass es schon eine prinzipielle Frage sei, ob der Name eines Pferdes überhaupt in irgendeiner Form mit dem Markenrecht kollidieren könnte.
Er hat bis heute keinen vergleichbaren Rechtsfall dazu finden können. Er klärte mich darüber auf, dass es eben die verschiedenen Nizza-Kategorien gäbe. Wer genaueres dazu wissen will, findet hier mehr: https://www.firma.de/unternehmensfuehrung/nizza-klassen-uebersicht-waren-dienstleistungsklassen-fuer-marken/
So hatte ich also noch vielfache Male versucht, Herrn Tell telefonisch zu erreichen. Als ich ihn endlich erreichte, brachte ich ihn auf meinen neuesten Kenntnisstand.
Zu dem Fakt, dass auch Vornamen als „geschützt“ im DPMA verzeichnet sind, entgegnete er, „… dass da ja auch viel Blödsinn drinsteht und es ja einem der juristische Hausverstand sagt, dass das nicht möglich ist.“
Außerdem hätte er bereits ein Gutachten von einem Patentanwalt aus Bayern vorliegen, das ihn in seiner Meinung bekräftige.
Ein Gutachten, das es nie gegeben hat, wie sich mittlerweile herausgestellt hat.
Zumindest konnte es auf meine Nachfrage hin bis heute nicht vorleget werden.
Von Frau Lamkewitz (HVT) kam inzwischen der Kompromissvorschlag, wir sollten das Pferd doch „Pippi Lotta“ nennen. Eigenartig nur, dass dieser Name von der gleichen Gesellschaft geschützt ist, die auch „Pippi Langstrumpf“ eintragen ließ.
Seitdem hat Heinz Tell nicht mehr auf meine Anrufe und Emails reagiert.
Also habe ich bei einem Patenanwalt ein offizielles Gutachten in Auftrag gegeben.
Er bestätigte darin schließlich, dass der Name „Pippi Langstrumpf“ weder gegen die TRO noch gegen das Patentrecht verstößt.
Nachdem ich dieses Gutachten an den HVT geschickt hatte, erhielt ich ein Schreiben vom Anwalt des HVT: Man habe das Gutachten zur Kenntnis genommen, könne aber den Namen immer noch nicht genehmigen, da man „Bedenken“ hätte.
In einer Email forderte ich den Anwalt schließlich dazu auf, die Gründe für diese „Bedenken“ zu erläutern und die juristischen Grundlagen dafür zu benennen.
Hier meine Email im Wortlaut:
„Vielen lieben Dank für Ihre Mail.
Leider konnte ich Sie telefonisch nicht erreichen, deswegen jetzt als Mail.
Nach Rücksprache mit meinem Anwalt ergeben sich für uns noch drei, vier Nachfragen, bevor wir überlegen, wie wir in diesem Fall weiter verfahren.
1. Da wir im Markengesetz (MarkenG) dazu nichts finden konnten, würde es uns interessieren aufgrund welcher Rechtsgrundlage der HVT einer Haftbarkeit unterliegt? Wir konnten keinen vergleichbaren Fall dazu finden.
2. Einer eventuellen Haftbarkeit bei einer Rechtsverletzung nach MarkenG unterliegen weder Gewerbeamt/Ordnungsamt noch das Handelsregister bei der Eintragung von Firmennamen. Wieso sollte dann der HVT einer Haftbarkeit unterliegen? Gibt es hierzu eine juristische Grundlage auf die sich der HVT beruft?
3. Sollte der HVT tatsächlich haftbar sein bei Verstößen gegen das MarkenG, welche Voraussetzung muss der entsprechende Mitarbeiter besitzen, um darüber zu entscheiden, ab wann ein Pferdename gegen das MarkenG verstößt?
4. Um den Fall für die Zukunft auszuschließen - Welches sind die Voraussetzungen, damit ein eingetragener Pferdename gegen das MarkenG verstößt? Hierzu muss es ja Regelungen geben, nach denen der jeweilige Mitarbeiter des HVTs die Sachlage überprüfen, und ein Züchter eines einzutragenden Fohlens sich danach richten kann.“
Um darauf wiederum eine Reaktion zu erhalten, musste ich wieder mehrfach nachtelefonieren. Meine gestellten Fragen wurden bis heute inhaltlich nicht konkret beantwortet.
Mittlerweile scheint es eine Überarbeitung der TRO bezüglich der Namensgebung von Pferden zu geben.
Inhaltlich ist diese Änderung aber mehr als bedenklich. Denn wenn jeder Name, der im DPMA geschützt ist, nicht mehr vergeben werden darf, dann wird die Auswahl der zu vergebenden Namen sehr klein.
Vier Beispiele, die künftig für Diskussionen sorgen werden:
1. Auch Namens-Zusätze helfen künftig nicht mehr weiter.
So wurde kürzlich der Name „Nostradamus Hanover“ abgelehnt, da der Teil „Nostradamus“ im DPMA registriert ist. Die Ablehnung wurde so begründet: „Da der Markenschutz sich leider auch auf Ergänzungen und Zusätze oder Verfremdungen des besagten Namens bezieht, können wir somit auch Nostradamus Hanover nicht genehmigen.“
2. Es gibt sehr wohl im Markenverzeichnis eingetragene, geschützte Vornamen.
Die Passage „Gebräuchliche Vornamen, Namen des Allgemeinen Schriftgebrauchs oder allgemeingültige Wortbegriffe sind grundsätzlich eintragungsfähig“ wird deshalb künftig noch für spannende Diskussionen sorgen. Denn entgegen der Aussage des HVT, dass Vornamen nicht schützenswert wären, bieten sich folgende Beispiele an, die das Gegenteil belegen: Nina, Julia, Otto, Alberto, Sam, Frida, Laura etc. Oder ist jemand ernsthaft der Meinung, dass der Name „Mercedes“, der ja auch ein gebräuchlicher Vorname ist, nicht geschützt wäre?
3. Der HVT will die Eintragung eines geschützten Namens bewilligen, sofern einer der Rechteinhaber diese Eintragung schriftlich und auf Anfrage des Besitzers hin bewilligt.
„Ist der beantragte Name/Zeichen/Titel im Markenregister https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/basis unabhängig in welcher „Nizza Klassifikation“, im Patentregister oder sonstigen Registern eingetragen, wird der beantragte Name/Zeichen/Titel nicht eingetragen, solange dem HVT nicht eine schriftliche Einwilligung des Rechteinhabers zur Nutzung des beantragten Namens/Zeichens/Titels für das Pferd vorliegt.“ Wenn ein Unternehmen die Markenrechte für ein Produkt in einer Nizza-Kategorie besitzt, ist es dem Unternehmen, rechtlich trotzdem nicht gestattet, eine Einwilligung für die Namensnutzung in einer anderen Nizza-Kategorie zu erteilen. Dies zumindest die Aussage eines Patentanwaltes zu diesem Punkt.
4. Die Mitarbeiter des HVT können keine Kompetenz zur markenrechtlichen Prüfung vorweisen.
Diejenigen die dort also einen Namen genehmigen, sind sich dabei ihrer Sache so unsicher, dass sie jegliches Risiko, also trotz eigener Prüfung, an den Antragsteller weiterschieben: „Der Antragsteller stellt mit seinem Antrag den HVT in jedweder Form von jedwedem Risiko und jedweden Folgen der entsprechenden Eintragung des Pferdes und der daraus resultierenden Nutzung des Namens/Zeichens/Titels einschließlich der Kosten der Rechtsverteidigung ergeben.“ Wenn der HVT das Risiko sowieso zu 100% auf den Antragsteller schiebt, wieso will er dann überhaupt den Namen überprüfen, obwohl ihm dafür sowohl die Kompetenz zur Beurteilung der Rechtslage als auch die rechtliche Grundlage per se fehlt.
Sollte jemand Ähnliches erlebt haben, kann er mir gerne unter agruber@trotto.de schreiben.