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Andy Schwarz: "Nächstes Jahr wird Indigious bei uns auf dem Gestüt decken"
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Dienstag 22 Dezember 08:08 Uhr
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Andreas Gruber

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Beiträge: 2968

News Trab, 21.12.20

 

(agr) Auch im Jahr 2020 geht das Züchter-Championat an den Stall M.S. Diamanten. Auch das derzeit noch gewinnreichste Pferd 2020 kommt mit Wild West Diamant aus Langenmoosen (Aber Achtung – Hier kann Dreambreaker noch vorbeiziehen). Noch dazu der schnellste dt. Traber 2020 mit Tsunami Diamant (1:10,4). Wir haben uns deswegen mit Andy Schwarz unterhalten.

 

Hallo Andy, das Jahr ist nun mittlerweile so gut wie vorüber und das ist sicherlich ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. Das dt. Züchter-Championat gewonnen und den Derby-Sieger gezüchtet. Wäre das Soll damit erfüllt?

In meiner Welt ist das Soll damit mehr als erfüllt. Da mein Vater Max ein sehr positiver Mensch ist, denke ich, ist er auch mit beidem sehr glücklich. Aber er hätte sich durchaus noch weitere Erfolge vorstellen können.

Inwieweit hat sich Corona auf euren Stall ausgewirkt? Habt ihr weniger gezüchtet, mehr gezüchtet oder anders gezüchtet?

Corona hat uns durchaus schwer beschäftigt und uns vieles abverlangt. Die Anzahl der Bedeckungen hat es nicht beeinflusst, durchaus aber die Kosten und den Aufwand.

Nachdem wir 2017 / 2018 bewusst wenig züchteten, haben wir nun die Zahlen wieder erhöht. Und 2021 sollten wir bei guten Sternen wohl 12 eigene Produkte und einige Fremde hoffentlich korrekt und gesund zur Welt bringen.

 

Anders gezüchtet haben wir insofern, dass wir auf unseren Gustav Diamant nicht mehr zurückgreifen konnten. Und dass aufgrund der Corona Zeit der Versand von Samen und vor allem Frischsamen nicht unmöglich, aber etwas komplizierter wurde.

 

Eure züchterischen Aktivitäten haben sich in den letzten Jahren ja sehr verändert. Wurde am Anfang eher Masse gezüchtet, steht jetzt doch eher die Klasse im Focus. Seid ihr mit der Umstellung zufrieden?

Definitiv zufrieden, aber leider hat sich dabei der Aufwand und die Arbeit trotz geringerer Quantität nur minimal verändert. Die Basis legt seit Jahren Daniela Fellner, die alle wichtigen Bausteine für eine bessere Aufzucht gelegt hat. Von Fütterung über Haltung bis zu Umgang mit unseren Schützlingen.Vor allem aber auch die Auswahl der Hengste bewerten wir anders in den letzten Jahren.

Sehr wichtig ist uns nun, dass der Hengst und die Stute nicht nur vom Blut "matchen", sondern besonders ihre Schwächen ausgleichen. Durch die heutige Technik ist einem sehr viel über die jeweiligen Hengste oder deren Nachkommen bekannt. Und so vermeidet man es z.B., zu einer sehr "feurigen" Rennstute einen Hengst zu wählen, dessen Nachkommen selber hoch im Blut stehen und als schwierig gelten. Oder Hengste, die Größe vererben, auf Stuten von uns zu legen, die schon sehr große Nachkommen gebracht haben.

 

Viel zu oft verfolgt man als Züchter den Gedanken, ein Produkt eines bestimmten Hengstes zu haben. Übergeht dabei aber die "Stimmigkeit" mit seiner Stute, einfach dem Wunsche zuliebe. Die Erwartungen werden dann selten erfüllt, weil man einfach über Vorgaben der Natur hinwegsieht.

 

Was für Fohlen erwartet ihr im nächsten Jahr und mit welchen Deckhengsten wollt ihr 2021 züchten? Wer soll die Lücke schließen, die Gustav Diamant hinterlassen hat?

Wir erwarten einige Fohlen von Nuncio, Indigious, Love You, Muscle Hill und Varenne, sowie bei den Gaststuten Nachkommen von Spartan Kronos und Muscle Massive.

2021 werden wir mit Indigious wieder einen Hengst am Gestüt haben. So schön die moderne Besamung mit TG Samen aus aller Welt ist, so teuer sind die Untersuchungen und der Aufwand. Und man hat immer wieder Stuten, die kaum mit TG Samen tragend zu bekommen sind, oder die einfach Umwelt- oder Wetterbedingt kaum aufnehmen.

Da wir mit Yahoo Diamant einen bildhübschen Indigious-Sohn gezüchtet haben, der sehr viel Talent zeigt im Training bei Paul Hagoort. Und da wir viele weitere Nachkommen des Hengstes bisher sichten konnten, waren wir bemüht den Hengst bei uns aufzustellen. Sein Vater Prodigious ist einer der wenigen Hengste der mit dem erfolgreichen Blut der Ready Cash Linie in Frankreich noch mithalten kann.

Gustav Diamant war ein "Stempel-Hengst", er hat sich praktisch zumeist sichtbar vererbt. Mittel bis Große Pferde, braun ohne Abzeichen und zumeist seinen guten ruhigen Charakter.

Indigious vererbt zumeist seine dunkle Farbe, aber auch einige Füchse sind darunter. Alle Nachkommen könnte man als mittelgroß und kräftig bezeichnen. Die zwei Jährlinge die wir aufgezogen haben, hatten einen tollen Charakter.  Alles eine Basis, auf die wir gedenken aufzubauen und indem wir ihm die passenden Stuten zuführen werden.

 

Was hältst du von Ready Cash, Readly Express, Explosive Matter oder Googoo Gaagaa?

Ready Cash, vor allem in Frankreich betrachtet, ist unglaublich erfolgreich in den Jahrgängen, zwar mit viel Masse, aber durchaus beständig viel Klasse jedes Jahr. Die deutschen Nachkommen waren mir aber bis auf wenige Ausnahmen wie Lesperanza nicht überzeugend genug, betrachtet man das Deckgeld.

Readly Express gefiel mir als Rennpferd und sein Blut mütterlicher Seite. Aber bisher fielen mir viele Nachkommen als sehr groß und schwer auf. Den Hengst werden wir aber noch beobachten, und uns an seinen Erfolgen orientieren.

Explosive Matter war oft unser Wunsch, aber entweder kam man an keinen Samen, oder wir bekamen keine Stuten tragend. Toller Hengst meiner Meinung nach.

Googoo Gaagaa ist nun durch das schwedische Derby und weiteren Erfolgen grad sehr hoch im Kurs. Ich denke, wenn man seinem Pacer Blut eine Stute zuführt, die ein sehr einfaches Geläuf hatte, dann ist man schon sehr chancenreich ein schnelles Pferd zu bekommen.

 

Ist man mit einem dt. Deckhengst noch konkurrenzfähig? Oder, wieso erhalten ein Nu Pagadi, Odessa Santana oder auch ein Corleone so wenig Möglichkeiten?

Vor einigen Jahren dachte ich, dass ein dt. Deckhengst nicht mehr konkurrenzfähig sein kann. Durch die Erfahrung nun mit Gustav Diamant, hat sich meine Sichtweise etwas verändert. Auch durch die Situation im dt. Sport und durch Corona denke ich kann der dt. Trabrennsport seine Zahlen nur halten, wenn er auch vermehrt auf die guten dt. Hengste zurückgreift.

Sucht man einen Hengst, der etwas Größe bringt und gute Rennpferde vom Kopf, dann findet man z.B. mit Odessa Santana eigentlich einen tollen Hengst. Es gibt viele bewährte dt. Hengste, wenn man sich mit deren Nachkommen beschäftigt, findet man hier ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Nachkommen von dt. Deckhengsten, wie man am Beispiel von Gustav Diamant sieht, sind absolut konkurrenzfähig. Wenn man sich mehr darum kümmert, in wessen Händen die Ausbildung und der Werdegang des Pferdes gelegt werden, fährt man auch in den Jahrgangsrennen mit.

Decktaxen von Ready Cash und Muscle Hill stehen in keinem Verhältnis zu den dt. Rennpreisniveau. Auch nicht zu den Verkaufserlösen dieser Produkte in Auktionen.

 

Ab wann plant ihr denn mit Tsunami Diamant in der Zucht?

Tsunami Diamant wird sicherlich in ferner Zukunft als Deckhengst im Gestüt auftreten. Führt er doch unser "Herzblut" Linie der NILEMA PEARL weiter.  Die Stute hat den Klebstoff geliefert, der uns an dem Sport und der Zucht haften hat lassen.

Wie zufrieden wart ihr mit Tsunamis Rennjahr 2020?

2020 war im Grunde für Tsunami ein sehr erfolgreiches Jahr. Nach einer kleinen Pause kam er sehr lauffreudig in Dänemark und Norwegen zum Einsatz. Zwei Sensationell starke Siege in Charlottenlund und Skive die unheimlich beeindruckten.  Danach den dt. Bahnrekord auf 1000m Bahnen beim zweiten Platz im Oslo Grand Prix zu Weltklasse Pferden in 1:10,4.

Danach folgte eine Verletzung, die wir uns im Rennen in Jarlsberg zugezogen haben, die wir erst im September im Griff hatten. So waren Starts in der Derbywoche geplant, die er aber mit einer Koppelverletzung nicht wahrnehmen konnte.  Dann der Auftritt in der BC in der eine Berührung mit einem Konkurrenten zu einem Fehler führte, der ihn 40m zurückwarf.

Und wieder war er nicht in Ordnung, und nach einer Behandlung erfolgte ein guter PL in Wolvega. Die Arbeit nach diesem Probelauf war nicht zufriedenstellend.

Wir haben aktuell nicht die nötige körperliche Verfassung, um in Frankreich im Meeting zu bestehen. Ihn dauernd behandeln zu lassen, war nicht unser Interesse und auch nicht das von Paul Hagoort. Aufgrund der fehlenden Startmöglichkeiten in Holland, aber auch bei uns, entschieden wir uns für eine längere Reha-Maßnahme zuhause.  Somit haben wir aktuell das Vergnügen, "Mr. Wichtig" zuhause als Gast zu haben. Die „Problemchen“ kurieren wir nun möglichst vollständig aus. Und dann gucken wir uns nach schönen Aufgaben um, die es ihn ermöglichen wieder an seine Bestform heranzukommen.

 

In diesem Jahr durften wir feststellen, dass die italienischen Rennen ein Jungbrunnen für unsere Internationalen aufgrund des Kategoriensystems sind. Auch wenn man das Kategoriensystem nicht schnell bei uns umsetzen könnte, wäre es nicht eine Möglichkeit, Rennen nach Durchschnittsgewinnsumme auszuschreiben?

Das Kategoriensystem in Italien erhält Pferde im Sport. Natürlich: je tiefer im System du absteigst um so geringer die Rennpreise. Ein normales Pferd, das sich aber zumindest in 60% seiner Rennen platziert, wird in diesem System immer zw. 5-12.000 € in einem Jahr in Italien verdienen können. Das Pferd bleibt im Sport, wechselt aber vielleicht die Besitzer. Wetter können sich bald ein Bild machen, und wissen um dessen Stärken und Schwächen. In dieses italienische System konnten wir früher nicht "eintauchen". Nur mit Ausnahmepferden, die in Cat. A-B bei Hengsten und C bei Stuten ab und an mitlaufen konnten.

Dies ist nun komplett anders. Und vor allem natürlich hat das Team Gramüller/Sparber dies nicht nur schnell erkannt, sondern auch noch perfekt umgesetzt.  Hier greift der Standort Vorteil München einmal, denn bis zu 8 Rennbahnen sind in machbarer Nähe.

Das System ist sehr komplex in Italien. Dies könnten wir so nicht einfach übernehmen. Eine Durchschnittsgewinnsumme auf die Rennen bei uns kann man machen, bringt aber auch zu viele Überschneidungen.

Wir müssen mehrere Dinge aus dem Ausland übernehmen, aber ein eigenes System erschaffen. So komplex wäre dies nicht, aber es würde Grundbausteine enthalten, die wir gesamtdeutschlandweit einhalten müssten.

Das heißt z.B., dass ich einen Cash Hanover gegen Man in Black, Samir, Geronimo T, Prince of Persia, RitchiRich Diamant, Big Boss As, Banker Transs R usw. in einem Rennen in Berlin sehe. Weil sie schon von der Ausschreibung her kein Rennen in München oder MG vorfinden. 2 Wochen später natürlich müssten sich, bis auf den Sieger, ähnliche Pferde in München einfinden.  Ein Wechsel im System wird uns bis auf Ausnahmen keine sechsfachen Seriensieger mehr bringen. Aber es wird uns sportlich ausgeglichene Rennen und viele "Comebacks" ermöglichen.

Es ist in unserem System durch den Wegfall vieler Rennbahnen und Renntage nicht mehr möglich, Pferde neu aufzubauen und zu alten Qualitäten zu führen.

 

Es wird oft davon gesprochen, der HVT müsste den Züchtern Anreize schaffen? Wie könnten solche Anreize aussehen?

Der erste Anreiz wäre, sich für die Zucht und deren Entwicklung und Weiterführung 3 Experten zu suchen. Deren erarbeitetes Konzept dann auch gewollt umzusetzen, wäre der wichtigste Schritt. Das heißt auch, sich Fehler einzugestehen und zu erkennen, dass die aktuelle Vorgehensweise mehr blockiert, als fördert.

Wäre eine Rennserie, ähnlich der Trotting Classic Tour, ein solcher Anreiz?

Na klar, diese Serie bewegt einiges. Die Anzahl der jungen Pferde, die sofort in gute Hände in Holland kamen, hat sich gesteigert. Sofort zog das Interesse an Jährlingen wieder an. Selbst wir erhielten mehrmals Anfragen an unseren jungen Pferden. Für die lokalen Trainer sind solche Aktionen sehr Geschäftsfördernd und motivierend für viele Besitzer.

Was ist wahrscheinlicher 2021 – Der TSV 1860 steigt in die zweite Liga auf oder Andy Schwarz gewinnt die dt. Amateurmeisterschaft?

Ganz simpel, beides trifft ein, die Löwen steigen knapp auf, und ich gewinne ganz knapp die dt. Amateurmeisterschaft!!!!

 

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