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Abschied von Remco Petersen
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Dienstag 15 November 14:23 Uhr
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Henner Christoph

Themen: 110
Beiträge: 249

Als ich zum Trabrennsport kam, Anfang der 1970er-Jahre, war Remco Petersen, den alle nur „Remmy“ nannten, schon Trainer. 1963, als 15-Jähriger, hatte er die Ausbildung, die damals noch „Lehre“ hieß, bei Hans Heitmann jr. in Farmsen begonnen, wo auch sein Vater im Privatstall Alstertal in Lohn und Brot stand. Remco wurde zwei Jahre später norddeutscher Lehrlingschampion und stellte so schon früh sein Talent unter Beweis.

Mein Interesse am Trabrennsport teilte damals ein Schulfreund, doch während ich mich in der Anfangszeit ausschließlich für Sport und Wetten begeisterte, zog es ihn zu den Ställen in Bahrenfeld. Bei vielen Trainern war kein Platz für eine ahnungslose Aushilfe, bei Remco Petersen schon. Zwar war für einen im Umgang mit Pferden ungeübten Schüler nicht viel mehr als Boxen machen, Geschirr putzen und Pferde trocken führen möglich, aber schon in dieser Zeit wurden wesentliche Charakterzüge von Remco Petersen deutlich: Immer ein offenes Ohr zu haben, Hilfsbereitschaft zu zeigen, nie abzuheben. Auch wenn ich selber „Remmy“ erst viele Jahre später persönlich und besser kennenlernte, in einer Zeit, als ich mich über den reinen Bahnbesuch hinaus dem Pferd angenähert hatte und er längst Erfolge hatte verzeichnen können, war das so.

Am Ende der Laufbahn standen fast 1.000 Trainer- und exakt 609 Fahrersiege für den „Hamburger Jung“ in der Statistik, etliche darunter mit schwierigen oder sogar anderswo längst abgeschriebenen Pferden, an denen er endlos lange herumtüfteln konnte, bis der Knoten platzte. Die Erfolgsstute Fadinchen etwa, die in den 1980er-Jahren 35 Siege erzielte, ist den etwas älteren Besuchern ebenso noch in Erinnerung wie Mafia, die im Vorgängerstall vornehmlich Sulkys zertrümmert hatte, bei Remco Petersen aber in die Spur fand und nicht nur 100.000 DM, sondern 1997 mit dem „Elbe-Pokal“ sogar ein damals renommiertes Rennen gewann.

Auch als die Zeiten für die so genannten kleineren Trainer härter wurden, blieb sein Bahrenfelder Stall erhalten und vor Allem eine gute Adresse. Weniger wegen der wie fast überall nicht mehr so zahlreich vertretenen Startpferde, dafür zunehmend als Gästestall. Wer als Auswärtiger einmal bei Remco Petersen anspannen durfte, wollte nie mehr irgendwo anders untergebracht werden, seine Gastfreundschaft war beispiellos. Alles war stets hergerichtet, die Kaffeemaschine im Dauereinsatz, und in der warmen Jahreszeit hatte der Platz vor dem Stall so etwas wie Schrebergarten-Atmosphäre.

Der letzte Sieg gelang Remco Petersen 2009 mit Queeny Frei, wie so oft zu hoher Quote. In den Folgejahren bis 2017, als es den Trainingsbetrieb längst nicht mehr gab, wurden die Fahrten weniger. Oft genug stand schon bei Durchsicht des Rennprogramms mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass selbst ein Platzgeld nur schwer erreichbar sein würde. „Remmy“ hat das nicht gestört, er liebte einfach den Beruf, die Pferde und alles, was dazugehört. Ein Renntag im Norden, ob Hamburg, Elmshorn oder C-Bahn, ob mit oder ohne Pferd, war über all die Jahrzehnte ohne ihn nicht denkbar, und immer gab es etwas zu diskutieren. Zucht, Form, Beschlag, Anspannung, Remco Petersen wusste viel und gab sein Wissen weiter. Selbst denen, die er im Rennen als Gegner treffen konnte, stand er mit Rat und Tat zur Seite. Ein stets angenehmer Zeitgenosse, mit dem man gerne zusammen war.

Das letzte Mal sahen wir uns rein zufällig vor drei Jahren, mitten in Hamburg beim Einkaufen. Natürlich haben wir uns über den Trabrennsport ausgetauscht. Dass es ihm damals schon nicht gut ging, hat Remmy sich nicht anmerken lassen. Er war eben Optimist und Kämpfer durch und durch.

Am letzten Wochenende ist Remco Petersen in einem Hamburger Pflegeheim im Alter von 74 Jahren ruhig eingeschlafen. Nicht nur die norddeutsche Trabergemeinde wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unser aller Mitgefühl gilt seiner Lebensgefährtin und der gesamten Familie.

Martin Fink

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