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Stuten-Derby: Mose Eagles Punktlandung ins Glück
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Sonntag 20 August 12:11 Uhr
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Hans Christian Panny

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Nachschau Berlin-Mariendorf, 19.08.2023

 

(MW)  „Der Adler ist gelandet!“ hieß es auf der Derby-Bahn um kurz nach 19.00 Uhr. Die Rede ist nicht von jener hochbeinigen Kapsel, aus der am 20. Juli 1969 zwei Männer kletterten und als erste Menschen über den Mond spazierten. Mit rund 30 Minuten Verspätung galt dies Mose Eagle, die als zweite Waffe des Quartiers von Paul Hagoort in der 35. Auflage des in Erinnerung an Marion Jauß gelaufenen Stuten-Derbys den Fehler von Trainingsgefährtin Bella Bavaria ausbügelte und nach einem perfekten Run aus dem zweiten Paar außen kurz und knackig die 51.773 Euro wertvolle Punktlandung in den Winner Circle vollbrachte.

 

 

Damit nutzte der junge Micha Brouwer wie schon 2021 mit Lorens Flevo den Ausfall des „Stablemate“ - damals war’s Usain Lobell - und schrieb sich nach dem „großen“ Blauen Band auch in jenes der Ladys ein, das bekanntlich seit dem Vorjahr an Vierjährige vergeben wird. Mose Eagle, die den gewinnreichsten Traber der Welt Bold Eagle zum Vater hat, trat damit in die Fußstapfen ihrer Mutter Freya Kievitshof, die sich unter anderem 2007 im Derby mit dem starken Geschlecht gemessen und einen exquisiten dritten Platz belegt hatte.

 

Dass ihr viertes Fohlen Mose Eagle sich mal fürs Team Hagoort ins Derby-Geschirr legen würde, war vor ein paar Wochen gar nicht abzusehen. „Sie war Hugo Langewegs Pferd fürs Stuten-Derby, doch dann zeichnete sich ab, dass er zur Derby-Zeit noch nicht wieder selbst würde fahren können, und so hat sein langjähriger Besitzer die Reißleine gezogen und sie uns überstellt. Natürlich haben wir sie nicht neu erfunden - das ist in der Kürze der Zeit gar nicht möglich. Hugo hat die sehr solide Basis geschaffen, sie kam in Topform zu uns, ich hab nur ein paar Kleinigkeiten geändert, von denen ich hoffte, sie würden Mose weiterbringen. Der Vorlauf, in dem sie Zweite hinter Sevilla As wurde, war ja tatsächlich ihr erster Auftritt für uns“, reichte Hagoort, für den dies nach Avalon Mists 2018 „erst“ der zweite Eintrag ins Goldene Buch des Stuten-Derbys war, die Glückwünsche an seinen Landsmann und Kollegen weiter. 

 

Für Micha Brouwer erfüllte sich ein weiterer Traum auf eher unverhoffte Weise: „Ich wusste natürlich aus dem Training, dass sie nicht viel schlechter ist als Bella Bavaria. Nicht immer gehen die Taktik-Pläne auf, aber diesmal klappte es vorzüglich. Bella sollte versuchen, in Front zu kommen, und ich mir ein Plätzchen im Vordertreffen sichern.“ Zwar fand Marvellous Steel viel explosiver auf die Beine als das Hagoort-Duo, doch schon im ersten Bogen durfte Bella Bavaria die Tesselaar-Stute ablösen. Als sich auf der Tribünengeraden Sinfonie mit Samba Pa Ti im Schlepptau allmählich in zweiter Spur in vordere Gefilde tastete, wechselten erst Sevilla As, dann Mose Eagle und schließlich IT Security nach außen. Brouwer hatte damit die perfekte Ausgangslage. 

 

Mitte der Schlusskurve manschte sich Bella Bavaria in Galopp und steckte IT Security die Nase in Front. Wenig später war der Zeitpunkt für Brouwers Fahrt ins Glück gekommen. Kraftvoll spritzte Mose Eagle, die im Vorjahr als Breeders-Crown-Zweite zu Look of Love schon eine sehr kräftige Duftmarke gesetzt hatte, zum sechsten Sieg der Karriere und ersten fürs Hagoort-Team davon. Prächtig schlugen sich auch die Lasbeker Stute Sinfonie und die Berlinerin Samba Pa Ti als Zweite und Dritte, die einfach zu weit hinten gelegen hatten, um die „Adlerin“ ernsthaft zum Kampf stellen zu können. Sevilla As und IT Security, die in Deutschland erstmals nicht als Siegerin vom Platz ging, waren die Nächsten.

 

Vorlauf-Schlappe grandios ausgebügelt

 

Der Trostlauf wurde wie bei 16:10 gedacht eine überlegene Geschichte für Patrick Maleitzkes Lauria Inferior S, für die sich im Vorlauf - da hatte sie Peter Untersteiner in Händen - keine Lücke Richtung Finale ergeben hatte. Das unfreiwillig geschonte Rennen sollte der Tochter von Vererber-Star Muscle Hill und der pfeilschnellen Italienerin Linda di Casei die nötige Moral geben. Sohn Johan, der auch als Trainer zeichnet, ging von der „6“ auf volle Offensive, errang im Handstreich die Führung und hatte damit den mustergültigen Bauplan zum sechsten Erfolg der in Südschweden stationierten Braunen gelegt. Ernsthaft angegriffen wurde sie von der durch Spur drei sich an ihre Seite tankenden Danse d’Amour nicht, spulte ihren Part souverän herunter und war unantastbar. „Manchmal trifft man im Sekundenbruchteil die falsche Entscheidung - das ist Rennsport“, übte Johan keinerlei Kritik an der Vorlauf-Taktik seines Vaters. Den anspruchsvollen Tanz außen herum hielt Danse d’Amour wacker durch und belegte Platz zwei vor der speedigen Mylie Scott, Tara Mirchi und der von weit hinten kommenden Jacky Hazelaar.

 

Starker Karl im Super Trot Cup

 

Höhepunkt für die etwas älteren Semester war der Super Trot Cup um 70.000 Euro über 2.500 Meter, für den sich zehn Cracks der gehobenen Garnitur heuer in Vorläufen in Wolvega, Jägersro, Baden bei Wien und Berlin-Mariendorf qualifizieren mussten. Er wurde dank einer überaus eindrucksvollen Vorstellung Carloforte Fonts eine bombensichere Beute für Jaap van Rijn als Vollstrecker und Hollands oftmaligen Trainerchampion Jeroen Engwerda. Nach 800 harten Metern bei hohem Tempo durch die Todesspur löste der Fünfjährige Purple Rain im Kommando ab. Van Rijn verpasste ihm einen langsamen Abschnitt, so dass der Rest aufschließen konnte, und ließ den Django-Riff-Sohn, „der in jungen Jahren öfter krankheitsbedingt hatte aussetzen müssen und jetzt immer stärker wird“, für die letzten 600 Meter wieder von der Leine. Der Hengst reagierte bombastisch und rannte den Verfolgern, von denen sich der auf weiten Wegen durch den Schlussbogen düsende Lozano Boko, Purple Rain und der wacker die Lokomotive in der zweiten Spur gebende Kenzo W am besten hielten, spielerisch leicht davon. „Die beste Medizin für den krank daheimgebliebenen Jeroen Engwerda“, der auch Besitzer des in Italien geborenen Braunen ist, wie van Rijn bemerkte. 

 

Gottlieb-Jauß-Memorial bleibt in Berlin

 

Nur schwer wiederzuerkennen war der vor 14 Tagen an Ort und Stelle seine einsamen Kreise ziehende Viper im dem am 12. Juli 1999 tödlich verunglückten 16fachen Berliner Champion gewidmeten Gottlieb-Jauß-Memorial. Nach einem anstrengenden Marsch durch die Außenspur gelangte der Wallach zwar einen Kilometer vor Schluss an die Spitze, hatte dabei jedoch viel Pulver verschossen und rettete mit Ach und Krach Rang drei. Umso mehr Pep entwickelte der für das Gestüt Seelust der seit fast fünf Jahrzehnten auf der Derby-Bahn einen Rennstall unterhaltenden Familie Föllmer laufende Bel Massive. Nach idealem Verlauf im zweiten Paar außen stach Dennis Spangenberg mit der von Bernd Warnke vorbereiteten Berliner Pflanze entschlossen zu und sorgte für eine überaus emotionale Siegerehrung.

 

Cincinnati Beach S muss beißen

 

Viel härter als für den 14:10-Favoriten gedacht entwickelte sich das Auktionsrennen 2023 für all jene Traber, die auf der Derby-Auktion 2021 im Angebot waren und zu dem nach den Absagen von drei Aspiranten lediglich ein Septett um die ausgelobten 40.000 Euro antrat. Für den von den Brouwer-Brüdern vorgestellten Cincinnati Beach S, dessen Vita einen Ehrenplatz im renommierten Håkan Wallner Memorial zu Solvalla am 28. Mai umfasst, entwickelte sich die Partie zu alles andere denn einem gemütlichen Strandspaziergang. Mit Startnummer „10“ ging es außen herum gegen Zuchtgefährtin Sierra S, mit der sich Johan Untersteiner wuchtig das Kommando gesichert hatte. Die für ihren Züchter Patrick Maleitzke laufende Stute wehrte sich erbittert, aus dem Rücken von Cincinnati Beach S mischte sich auch der fehlerlos bislang unbezwungene Nelson Newport ein. Erst nach hartem Kampf streckte der International-Moni-Sohn die Nase um einen „Hals“ in Front gegen Sierra S und Nelson Newport und unterstrich einmal mehr, dass Gutes nicht unbedingt unerschwinglich sein muss: Für 30.000 Euro wurde der Hengst vor zwei Jahren von der Nijgh Beheer BV ersteigert und hat diese Investition mit Gewinnen von 99.712 Euro längst amortisiert.

 

Tom Karten Derby-Meister der Amateure

 

Eine taktisch überragende Vorstellung lieferte Stefan Hiendlmeier mit seiner Miss Red Lady im 1. Vorlauf zur Derby-Meisterschaft der Amateure ab. Eine Runde lang ließ er sich von Kamalia Joe durch die Außenspur geleiten, ergriff dann erstmals zart die Initiative, preschte im Nu an die Flanke des sofort ins Kommando gedüsten Kronos Centaur, trug sie durch den letzten Bogen („Da hat sie mir nicht so gut gefallen.“), legte zu Beginn der Zielgeraden den nächsten Gang ein - und schon war die vierjährige Fuchsstute überlegene Ware. Knapp hielt Kronos Centaur Platz zwei gegen die geschonte Nacea.

 

Besser als Kronos Centaur hielt in Vorlauf 2 Dan CG den Run von der Spitze durch. Von Emma Stolle im Sauseschritt nach vorn gescheucht, legte der unterwegs nie ernsthaft angegriffene Wallach locker zu, als es darauf ankam. Stefan Hiendlmeier brachte mit Eaton auch seinen zweiten Schützling ins Finale, der durch die Todesspur die innen blendend untergekommene Donato Princess in Schach hielt. Glück und ein paar Zentimeter entschieden für die außen eingesetzte Sangria Pellini und den innen kaum Freiraum findenden Titelverteidiger Pandroklus Eck und gegen Keep Flying, was die Finalfahrkarten vier und fünf betraf.

 

Im Finale gingen sämtliche fünf Prämien an jenes Quintett, das über die erstmals zu meisternde 2.500-Meter-Strecke 20 Meter mehr arbeiten musste. Das gelang dem sich immer mehr in den Vordergrund schiebenden Tom Karten am besten, der der für einen guten Zweck laufenden Sangria Pellini ein perfekt verdecktes Rennen servierte. Der Schwedin, die letztmals am 7. Dezember unter Order gewesen war, machten weder die lange Pause noch der Doppelstart das Geringste aus. Von Dan CG auf den finalen 700 Metern in dritter Spur vorangezogen, war die Schwarzbraune turmhoch überlegene Ware und kanzelte die Rivalen, von denen sich der diesmal Yanick Mollema anvertraute Eaton knapp vor Pandroklus Eck und Dan CG am besten hielt, um acht Längen ab. „Der schönste meiner Siege, das Größte, was ein Amateur hierzulande gewinnen kann“, wie Karten befand.

 

Ein Jaguar auf Raubzug

 

Eingeläutet wurde das 14-Rennen-Menü mit einem holländischen Doppelschlag in Lauf 1 des Kombi-Pokals für Amateure. Von der „14“ polte Yanick Mollema 14:10-Favorit Jaguar v Assum gnadenlos auf Offensive. Durch die dritte und zweite Spur krallte er sich nach einer Runde das Kommando und ließ die Beute auch auf dem Rest des Weges gegen den frisch aus Schweden importierten Fux Lane nicht aus den Fängen, der dem Berliner Russel knapp den Ehrenplatz entriss. In praktisch identischem Stil holte sich der holländisch-deutsche Jaguar auch den 2. Lauf für die Profis mit dem kleinen Unterschied, dass Jeffrey Mieras mit ihm erst 600 Meter vorm Ziel in Front war. Erneut war der Timoko-Sohn im Einlauf allein auf weiter Flur - selbst WalkofFame Diamant konnte da nur den Ehrenplatz sichern.

 

Die internationale deutsche Nachwuchsmeisterschaft der Elisabeth-Mann-Stiftung, das Schaufenster für den Fahrer-Nachwuchs, schnappte sich Lisa-Sophie Zimmer, die das Flair im Berliner Winner Circle als Pflegerin von Derby-Sieger Days of Thunder aus dem Vorjahr bestens kennt. Aus der Deckung flog der von Robert Gramüller präparierte Magiestraal „unglaublich“ zum sicheren Sieg, der seiner Pilotin mit ihrem fünften Treffer zugleich die Fahrkarte zur Europameisterschaft der Lehrlinge bescherte.

 

Blendend in die Hufe kam im über die englische Meile führenden Diamond-Creek-Farm-Cup My Way Fortuna, den Josef Franzl erstmals in diesem Jahr vorstellte. Der vierjährige Hengst ließ nie etwas anbrennen und flog in blanken 1:13 zum dritten Erfolg „lifetime“ - da konnte sich der tapfere Lion Greenwood mühen, wie er wollte. 

Auf die harte Tour als Satellit des umgehend den Taktstock an sich reißenden Amaru löste Victor Gentz mit dem vierjährigen Indigious-Sohn Make my Day ein Handicap de Luxe, wobei er bis zum Zielpfosten vor der mit enormem Endspurt aufwartenden Lotte Greenwood auf der Hut sein musste.

 

Durch eine rund 20minütige Startverzögerung wegen der fahrerlos gewordenen Tequila Sunrise und zweier Fehlstarts nicht aus der Ruhe bringen ließ sich im Match für die ärmste Klasse Navajo MH. Marciano Hauber verpasste dem dreijährigen Familienpferd einen Sicherheitsstart, legte nach 300 Metern, als der Dreijährige richtig lag, das große Blatt auf, übernahm 200 Meter weiter das Zepter und legte einen Takt vor, dass dem Rest die Augen tränten. Als überlegenster Sieger des Tages passierte der sich um volle drei Sekunden verbessernde Tobin-Kronos-Sohn rund 60 Meter voraus die Linie - sein junger Fahrer hätte bequem einen kurzen Stopp zum Autogrammeschreiben einlegen können.

 

Deutlich übertroffen wurde das vorjährige Umsatzergebnis, das von 27.728 gewaltig auf 34.553 Euro pro Rennen kletterte. Das lag auch an der mit einem Doppel-Jackpot gespickten V5-Wette, in der 60.518,10 Euro gedreht wurden.

 

Umsatz bei 14 Rennen: 483.746,14 Euro (incl. 247.498,74 Euro Außenumsatz), davon 31.273,80 Euro in der V7+-Wette; Vorjahr: 388.192,32 Euro bei 14 Rennen, davon 31.642,65 Euro in der V7+-Wette

 

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